Der nachstehend zitierte Artikel auf rbb24 ist zwar nun auch schon wieder mehr als vier Monate alt. Weil nun aber die Polizeigewerkschaften DPolG und GdP äußerst allergisch bereits auf die Ankündigung, im noch abzuschließenden neuen Koalitionsvertrag zwischen GRÜNEN und der CDU in Baden-Württemberg fände sich ein Passus, wonach für die anstehende Legislaturperiode die Verabschiedung eines LADG geplant werde, reagiert haben, lohnt ein Blick auf die Erfahrungen mit einem solchen Gesetz.

In Berlin trat das Landesantidiskriminierungsgesetz im Sommer 2020 in Kraft. Im ersten halben Jahr waren bei der zuständigen Ombudsstelle insgesamt 113 Diskriminierungsfälle eingegangen. Auf den Diskriminierungsgrund „Rassismus“ entfielen die Hälfte aller Meldungen.
Quelle: Antidiskriminierungsgesetz: Berliner Justizsenator rechnet mit Klagen wegen Diskriminierung | rbb24
Interessant ist allemale, dass die Polizei zwar den größten Anteil bei den Beschwerden ausmacht. Mit einem Anteil von 23 betrifft dies aber gerade mal ein Fünftel aller Fälle.
Der Untergang des Abendlandes, wie er in der mit harten Bandagen geführten Debatte um dieses Gesetz von den Gegnern des LADG prophezeit worden war, ist also offensichtlich veschoben worden. Weder sind die Polizei und die öffentliche Verwaltung durch Beschwerden gelähmt worden, noch wurden diese durch die Möglichkeiten, sich gegen Diskriminierung zur Wehr setzen zu können, in ihrer Arbeit behindert.
Vielmehr zeigen die Zahlen auf, dass die Sensibilität für Benachteiligung insgesamt zugenommen hat – und das ist gut so. Außerdem ist ein LADG nur ein Mosaikstein auf dem Weg zu einer bürger:innenfreundlicheren Verwaltung, die den Anforderungen eines modernen und vielfältigen Gemeinwesens gerecht werden kann und muss. Obrigkeitsstaatliche Phantasien sind ebenso wie die Vorstellung, die Menschen seien Kund:innen eines Dienstleistungsgewerbes „öffentliche Hand“ Ideen aus den letzten beiden Jahrhunderten. Die Kombination aus Ombudsstelle, Verbandsklagerecht, effektiver Rechtsschutz auf der einen Seite, Sensibilisierung, Aus- und Fortbildung, Supervision und Coaching auf der anderen Seite helfen indes mit, ein Miteinander diskriminierungsfreier zu organisieren und (leider nicht gänzlich vermeidbare) Benachteiligungen dann auch im Sinne der betroffenen Menschen im Wege einer Wiedergutmachung zu sanktionieren.
Ein Kommentar zu “Zwischenbilanz zum Antidiskriminierungsgesetz in Berlin: Der Untergang des Abendlandes wurde verschoben”
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