Polizei im digitalen Raum

Gestern hatte ich mich hier mit dem Phänomen beschäftigt, dass zunehmend erlebtes – tatsächliches oder vermeintliches – Fehlverhalten im Netz oder im realen Leben nicht angezeigt wird, statt dessen aber Screenshots, Bilder, Videos, Erlebnisberichte oder private Meinungen über Social-Media-Kanäle und Chatgruppen geteilt werden. Die sich dann regelmäßig einstellende Empörung über das Erlebte eines Gruppenmitglieds, realer/realem oder virtueller/virtueller Freund:in oder von jemandem, der oder die mit einem solchen Menschen in wie auch immer gearteter Verbindung steht, führt zu einer weiteren – letztlich unkontrollierbaren – Verbreitung und einer wachsenden Anzahl von Drukos oder sonstigen Kommentaren. Diese sind dann in der Regel auch von mehr oder minder guten – aber meist zumindest gutgemeinten – Ratschlägen und Handlungsanweisungen begleitet. Wenn es sich um andere Menschen in dem selben sozialen Netzwerk handeln sollte, sind „blocken und melden“ anscheinend das Mittel der Wahl.

In dem Sammelband „Cyberkriminologie“ hatte ich solches als präzivile Ordnungsmuster unter Verlust des staatlichen Gewaltmonopols beschrieben.

Die Abwesenheit sichtbarer polizeilicher Präsenz ist bereits hinreichend beschrieben. Immerhin haben zwischenzeitlich die Landespolizeien auch online-Wachen eingerichtet.

Das Bundeskriminalamt hat auf seinen Seiten ein Verzeichnis der online-Wachen beziehungsweise der online erreichbaren Stellen aufgeführt.

Gleichwohl besteht hier noch erheblicher Nachholbedarf:

Nicht nur, dass die Seiten nicht ohne weiteres und leicht zu finden sind, auch das Handling ist noch verbesserungsbedürftig.

Angefangen von der Menge der abgefragten personenbezogenen Daten bis hin zu Tracking-Cookies hat doch vermutlich eher die Angst vor dem massenhaften Missbrauch einer solchen online-Meldestelle als die Idee der Bürgerfreundlichkeit die Hand geführt. Auch sind diese Meldewege nur bedingt für mobile Endgeräte tauglich.

Es soll hier nicht der föderale Flickenteppich bejammert werden, aber ich möchte doch zu bedenken geben, dass eine einheitliche App für alle Länder möglich sein müsste, in der neben aktuellen Hinweisen und sonstigen brauchbaren Sachen eben auch niedrigschwellige Kontaktmöglichkeiten aufgetan werden könnten. Aus dem App-Design könnte sich dann ergeben, welche Behörde welchen Landes die so zu übermittelnden Daten zur Weiterverarbeitung übertragen bekommt. Denkbar wäre hier vieles: personalisierte Einstellungen, die nur auf der App gespeichert werden und dann die zuständige Behörde hinter der angegebenen Adresse aufrufen, einmalig erlaubter Zugriff auf die Geodaten – oder andere Erleichterungen. Dann Zugriffe auf die auf dem Endgerät vorhandenen Video- und Bilddateien – eingeschränkt auf Auswahl und upload, die Möglichkeit einer Sprachnachricht und vieles vieles mehr.

Voraussetzung müsste nur sein, dass von der Seite der (potentiellen) Anwendenden her gedacht wird und die Handhabung einfach und intuitiv gehalten wird und bleibt.

Ein Design, das einladend und nicht abschreckend wirkt – mit echten Möglichkeiten der datenschützenden und datensparenden Verwendung .- das wäre mal was.

Ich denke, das wäre eine reizende und lohnende Aufgabe für eine Innenministerkonferenz.

Veröffentlicht von Roland Hoheisel-Gruler

Volljurist// Mediator // Dipl. Forstwirt (univ.)//Hochschullehrer

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