Ein Jahr Antidiskriminierungsgesetz in Berlin

Die LTO hat auf ihren Seiten einen Rückblick auf das erste Jahr mit dem LADG in Berlin vorgenommen. Dieser fällt durchweg positiv aus.

Entscheidend sind hier zwei Zahlen: 313 Fälle wurden der Ombudsstelle gemeldet. Das ist nicht sonderlich viel gemessen an der Größe der Verwaltung des Landes Berlin. Und: 100% – also alle der gemeldeten Fälle konnten gütlich beigelegt werden.

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Damit haben sich die Kassandra-Rufe der Polizeigewerkschaften als unbegründet erwiesen: Weder wurde hier ein „Anti-Polizei-Gesetz“ geschaffen, noch wurde dadurch die Arbeit der Behörden durch eine Antrags- und Klageflut lahmgelegt.

Die Tatsache, dass alle Fälle gütlich beigelegt werden konnten, zeigt nämlich auch, wie wichtig es ist, dass die Mitarbeiter:innen der Behörden – und dazu gehört im Besonderen auch die Polizei – ihr Handeln den Bürger:innen erklären und dabei ihr Verhalten den Adressat:innen gegenüber auch reflektieren.

Gütlich beilegen heiß´t eben auch nicht : „Da war nichts dran, das gehört eingestellt!“. Genauso wenig passt aber der Verdacht, da könne elegant ein Schmerzensgeld auf der „Diskriminierungs-Tour“ abgegriffen werden wollen. Beides war – man darf sich erinnern, lebhaft in die äußerst heftig geführte Debatte – vor allem in den einschlägigen SocialMedia-Kanälen eingeführt worden.

Vielmehr bedeutet gütliche Beilegung: Zuhören, kommunizieren, die jeweiligen Interessen transparent vermitteln und auf eine kommunikativ vermittelte Konfliktlösungsstrategie zu setzen.

Letztlich zeigt dieses Ergebnis, wie wichtig erklären, zuhören und reflektieren sind – und im Sinne einer modernen Verwaltung, die die Bürger:innenrechte ernst nimmt, unverzichtbar.

Damit treffen hier wieder zwei meiner Themen aufeinander: Alternative Konfliktlösungsinstrumente und Mediation auf der einen Seite – und die Leidenschaft für eine gute und bessere Polizeiarbeit auf der anderen Seite. Das konnte ich vor gut einem Jahr, als ich eine rechtliche Analyse des damaligen Gesetzentwurfes vorgenommen hatte, noch nicht ahnen. Umso mehr freut es mich, dass nicht nur die rechtlichen Prüfsteine das erste Jahr des Gesetzes sehr gut überstanden haben, sondern dass gerade die Instrumente der Konfliktlösung hier Wirkung zeigen können.

Auch das damalige Interview mit der Jungle World ging eher in diese Richtung.

Auch wenn die Fallzahlen niedrig geblieben sind: Das Gesetz zeigt den Bürger:innen, dass es das Land Berlin ernst meint mit dem Versprechen, grundsätzlich nicht diskriminierend zu wirken – aber in den Fällen, in denen es doch geschieht, die Bürger:innen nicht alleine stehen zu lassen, sondern vielmehr das angerichtete Unrecht aus dem Weg zu räumen. Dass dabei Beweiserleichterungen den Zugang zum Recht erleichtern, ist folgerichtig: Befindet sich doch die öffentliche Verwaltung in einer ungleich stärkeren und in Bezug auf die Beweislage nahezu unantastbaren Situation. Dieses Ungleichgewicht ist durch die gewählte Form zu einem austarierteren Kräfteverhältnis geworden.

Damit dürfte das LADG aus Berlin zur Vorlage und Blaupause auch für andere Länder gelten können. Baden-Württemberg hat solches im Koalitionsvertrag stehen. Man darf gespannt sein.

Veröffentlicht von Roland Hoheisel-Gruler

Volljurist// Mediator // Dipl. Forstwirt (univ.)//Hochschullehrer

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