Das ist ein Begriffepaar, das schon alleine durch seine Kombination geeignet ist, emotional geführte Debatten und Diskussionen hervorzurufen.
Dieser Beitrag soll nun auch nicht dazu beitragen, einen weiteren Mosaikstein für eine weitere Verhärtung der Fronten zu liefern. Diese sind nämlich schon längst abgesteckt: Für die einen sind Polizist:innen auch Rassist:innen, für die anderen handelt es sich bei bekannt gewordenen Fällen um Einzelfälle, die mit der Institution nichts zu tun haben.

Die bedenklicheren Stimmen kommen hiergegen kaum an: Diejenigen, die aus der Polizei heraus argumentieren und vielfältige Verbesserungen anmahnen: Von der Einstellungspraxis über die Ausbildung, die Ausgestaltung des Dienstes, Diversität in den Dienstgruppen, Möglichkeiten von Supervision und Begleitung, Aus- und Fortbildung und und und…..
Und diejenigen, die von außerhalb aus der Zivilgesellschaft und der Forschung auf die Institution schauen und Veränderungspotentiale erkennen, möchten auch gehört werden.
Eines ist nämlich gewiss: Diskriminierung – tatsächliche oder gefühlte – zerstört das Vertrauen in die Institution.
Die Debatte um die Polizeistudie hatte gezeigt, dass Beharrungsvermögen und Wagenburgmentalität offenbar so stark sind, dass die Debatte, die seit über einem Jahr nach dem gewaltsamen Tod von George Floyd in den USA auch bei uns an Fahrt aufgenommen hat und auch die Debatte um das LADG in Berlin begleitete, nicht zur Ruhe kommt.
Dabei liegt es im Interesse jeder/jedes einzelnen Polizist:in, dass Fehlentwicklungen aufgezeigt und ausgemerzt werden müssen. Der Vorwurf des Rassismus trifft jede:n von denen, die sich dem Einsatz für die Grund- und Menschenrechte verschrieben haben, ins Mark und ins Selbstbewusstsein. Der Schutz der Polizeifamilie gilt daher dann im wohlverstandenen Interesse für die Institution eher den – gottsseidank wenigen – schwarzen Schafen denn den Aufrechten und Anständigen in der überwältigenden Mehrheit. Damit aber nicht nur deren Resilienz gestärkt wird, sondern darüber hinaus auch die vielschichtigen Problemstellungen aktiv angegangen werden können, bedarf es auch der breiten Unterstützung aus der Zivilgesellschaft.
Hierzu hat nun Anmesty International ein 6-Punkte-Programm vorgelegt:
Hierin wird gefordert, dass Antirassismus-Trainings verpflichtend eingeführt werden müssen. Außerdem werden die Polizeibehörden aufgefordert, konsequent gegen Rassismus in den eigenen Reihen vorzugehen. Dazu zählen anonyme Meldemöglichkeiten für Whistleblower:innen aus der Polizei. Außerdem wird eine schnelle und effektive Aufklärung bekannt gewordener Vorfälle gefordert. Schließlich bedürfe es einer konsequente Sanktionierung.
Der Bund und Bundesländer müssten außerdem die Rechtsgrundlagen für anlasslose und verdachtsunabhängige Kontrollen abschaffen – diese sind mit ein Grund oder Anlass für Racial Profiling.
Soweit es solche noch nicht gibt, sollten Bund und Bundesländer daher Beschwerde- und Untersuchungsmechanismen etablieren, die zum einen unabhängig von den Innenbehörden agieren können. Diese sollen also nicht nur internen Hinweisen nachgehen können, sondern auch Beschwerden von Bürger:innen aufnehmen. Sie sollten, so die Vorstellungen von Amnesty International, eigene Ermittlungsbefugnisse haben, mithilfe derer sie Sachverhalte unabhängig von der polizeilichen Ermittlung aufklären können.
Ein dauernder Streitpunkt stellt auch die individuelle Kennzeichnungspflicht dar.
Schließlich drängt Amnesty International auch auf die Durchführung einer wissenschaftlichen Studie, die unabhängig und transparent ist und die die Einstellung der Polizist:innen im Bezug zu Themenstellungen, die mit den Erscheinungsformen des Rassismus in Verbindung stehen.
Diese Forderungen sind allesamt bedenkens- und überlegenswert. Meines Erachtens ist der Dreh- und Angelpunkt aller Überlegungen, dass jede:r Einzelne in der Polizei sich nicht nur der Grund- und Menschenrechtsbindung allen polizeilichen Handelns bewusst sein muss, sondern dass dies auch Motto und Antriebsfeder der beruflichen Tätigkeit sein muss. Mögliche Störungen dieser Grundüberzeugung durch interne und externe Faktoren muss bestmöglich angegangen werden. Daneben brauchen gerade die Beamt:innen Möglichkeiten, sich in geschützten Räumen zu öffnen, sich wieder Orientierung zu geben und die eigene Resilienz zu stärken. Gruppendynamische Faktoren gehören ebenso wie Arbeitsbedingungen auf den Prüfstand. Das ist eine Aufgabe, die sich nicht nur mal eben schnell erledigt, sondern dauerhaft und beständig das polizeiliche Tun begleitet.