Die Geschichte, die das digitale Magazin für Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur – „Die Republik“ – aus Zürich präsentiert, liest sich wie ein Krimi – mit einem Baukartell, organisierter Kriminalität und dem zumindest verstörenden Umgang der Kantonspolizei mit dem Whistleblower Adam Quadroni.
„Die Republik“ hat den ehemaligen Basler Polizeikommandanten Markus Mohler interviewt und beschreibt die zerstörerische Wirkung von dysfunktionaler Polizeiarbeit.
Quelle: «Entschuldigung, das sind Polizeistaatmethoden» – Republik
Ein absolut lesenswerter Beitrag!

Mohler führt zunächst dazu aus, dass die Polizei dann nicht gefährlich sei, wenn sie ihre Arbeit richtig mache. Hinter dieser – für sich genommene – Binsenweisheit steckt aber die eigentliche Herausforderung: Als Trägerin des staatlichen Gewaltmonopols, deren Handeln in der Regel in die Schutzbereiche von Grundrechten eingreift, sind die Beamt:innen gehalten, innerhalb kürzester Zeit Entscheidungen zu fällen und umzusetzen.
Dabei muss die Prüfung der Rechtmäßigkeit einer geplanten Maßnahme vom Grundrecht her gedacht werden – und am Ende nochmals die Abwägung zwischen öffentlichem Interesse und Interesse der/des Grundrechtsträger:in eindeutig ausfallen.
Insbesondere die Instrumentalisierung eines Amtsarztes für eine freiheitsentziehende Maßnahme durch die Polizei um den Whistleblower zu einer Vernehmung bringen zu können – bei der ihm dann auch kein anwaltlicher Beistand zugebilligt wurde – reihte Mohler in die Kategorie „Polizeistaat-Methoden“ ein.
Losgelöst vom Fall geht es aber nicht darum, zu skandalisieren oder mit dem Finger auf die Polizei zu zeigen. Vielmehr müssen die Ursachen und Hintergründe für nicht rechtmäßiges oder gar offensichtlich rechtswidriges Verhalten analysiert werden. Darauf aufbauend ist dann zwischen individuellem Fehlverhalten und strukturellen Defiziten zu unterscheiden. Bei letzteren ist zudem ein Augenmerk darauf zu richten, ob diese das individuelle Fehlverhalten begünstigen könnten.
Ein Punkt hierbei ist die so genannte „canteen culture“ – eine Subkultur, die sich in größeren Organisationseinheiten einstellt, wenn nicht dagegen gesteuert wird. Dabei setzt Mohler bei der Sprache an – also bei Codes, die innerhalb dieser „canteen culture“ verwendet und verstanden werden, und die gleichzeitig eine Abgrenzung gegenüber Außenstehenden mit sich bringen.
Kantinenkultur und damit einhergehenden Sprachkonventionen können auch den Einstieg in diskriminierendes Verhalten mit sich bringen – und dabei für den oder die Einzelne:n das Gefühl für Diskriminierung schwinden lassen.
Mohler nennt den Begriff „Arschfahrer“ für Verursacher:innen von Auffahrunfällen. Was erst einmal lustig klingt, hat aber nichts mehr mit Würde und Respekt vor diesen Menschen zu tun. Und bis zu den „Nafris“ aus der Kölner Silvesternacht ist es dann nicht mehr weit.
Als weitere Punkte, die strukturelle Defizite mit sich bringen können, nennt er „bestens vernetzte“ Beamt:innen. Während die Polizeiarbeit auf der einen Seite darauf angewiesen ist, mit anderen öffentlichen Stellen und zivilgesellschaftlichen Organisationen in Netzwerken zusammenzuarbeiten, sieht Mohler auch die Gefahr, dass sich durch die Nähe privates und berufliches vermischen könnte. Diese informellen Netzwerke können Grundlage und Ursache von Voreingenommenheit und Mohler nennt dies einen „undurchdringlichen Behördenklüngel“.
Als weiteres Problem macht Mohler den Korpsgeist aus.
Leider bleibt das Interview auf der behördeninternen Seite stehen und lotet im weiteren Fortgang die Möglichkeiten von Disziplinarverfahren und strafrechtlicher Verantwortung sowie die Verantwortlichkeit von Führungspersonen aus. Dabei braucht die Intstitution Polizei nicht nur den externen Blick von außen, sondern auch Möglichkeiten, wie vertrauensvoll mit Institutionen – wie zum Beispiel wirklich unabhängigen Polizeibeauftragten – strukturelle und persönliche Fehlentwicklungen frühzeitig angegangen werden können.
Schließlich ist die Polizei ja die Spezialistin für Gefahrenabwehr. Eine dysfuntkionale Polizei stellt aber, um zum Beginn des Interviews mit Markus Mohler zurückzukommen, eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar. Gute Polizeiarbeit ist – davon darf man ausgehen – die Triebfeder für die Berufswahl eines/einer jeden Polizist:in. Diesen Wunsch sollte man diesen Menschen unbedingt erfüllen und alles dafür tun, damit dies auch gelingen kann.