Innenminister Strobl: Cyber-Kriminelle sind sehr anpassungsfähig – intelligente Lösungen sind gefragt

Die Gefahren durch Cybercrime sind Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl sehr bewusst, schreibt der Behördenspiegel. Deshalb soll die Bekämpfung dieses Kriminalitätsfeldes auch zu einem Schwerpunkt der Innenministerkonferenz (IMK), dessen Vorsitz er in diesem Jahr innehat, werden.

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Behörden Spiegel-Redakteur Marco Feldmann führte das Interview:

Quelle: Cyber-Kriminelle sehr anpassungsfähig – Behörden Spiegel

Cyberkriminalität nimmt einen wichtigen, aber leider nur kurzen Teil dieses Interviews ein. Gerne hätte man mehr über die Pläne des Innenministers erfahren. Aus der Kürze ergibt sich jedoch schon, dass die Digitalisierung der Kriminalität im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie schnell und erfolgreich fortgeschritten ist.

Strobl nennt in diesem Zusammenhang die Vermehrung von Fake-Shops und Zunahme von Phishing-Mails.

Bei Betrachtung dieses Phänomenbereichs fällt auf, dass an erster Stelle Resilienz und Digitalkompetenz der Opfer einen entscheidenden Faktor ausmachen. Soweit es um Kriminalprävention gegen sollte, ist es gerade der menschliche Faktor, der von der Digitalisierungswelle überrollt worden ist.

Fragen, wie man „gute“ von „bösen“ E-Mails unterscheiden kann, stellen sich eben auch erst dann, wenn die betroffenen Menschen auch sonst vermehrt in digitalen Welten shoppen gehen und sich hier und da umsehen. Erst, wenn man auf verschiedensten Plattformen angemeldet ist, kommt man bei angeblichen Mails von dort bestenfalls ins Grübeln, schlechtestenfalls um sein Geld.

Auch Fake-Shops, wenn sie gut gemacht sind, sind für digitale Neu-Einsteiger:innen nicht ohne weiteres und leicht zu erkennen.

Neben der Verfolgung von Straftaten im virtuellen Raum sollte es daher vordringlich um die Stärkung der potentiellen Opfer gehen müssen. Schließlich ist es am Ende ein Mensch, der auf einen button drückt und damit etwas auslösen kann, was er oder sie so sicher nicht will.

Auf der Strafverfolgungseite würde man sich, dürfte man Wünsche äußern, Ideen bevorzugen, die nicht auf neuen Straftatbeständen und härteren Strafen oder einen Ausbau von Ermittlungsbefugnissen, mehr online-Durchsuchungen, Ausbau von Quellen-TKÜ und vielleicht wieder einmal die Vorratsdatenspeicherung – und was nicht alles sonst noch in der Wundertüte der digitalen Maßnahmen liegt, bauen – sondern auf eine Stärkung der Infrastruktur.

Was ist damit gemeint?

Es geht um die personelle und organisatorische Ausstattung der Staatsanwaltschaften und der Ermittlungsstellen. Schwerpunktbildung und Vernetzung und vieles mehr. Täter:innen und Tatorte sind im Internet flüchtige Erscheinungen – da heißt es, in erster Linie schnell und gut sein zu können.

Die Schwerpunktstaatsanwalten, die in den Ländern bereits jetzt gute Arbeit machen, müssen dafür ertüchtigt werden, dass die corona-bedingte Digitalisierungswelle der Cyberkriminalität auch von dort aufgefangen und abgearbeitet werden kann.

Die polizeilichen Kriminalstatistiken zeigen in den vergangenen Jahren ja nicht nur ein Rückgang der klassischen Kriminalität auf, sondern daneben eben auch die Verlagerung vormals analoger Begehungsarten in die virtuelle Umgebung.

Weiter braucht es hier integrierte Ermittlungseinheiten.

Auf die zentralen Ansprechstellen für Cybercrime, den ZAC-Stellen der Landespolizeien wird ein weiterer Schub an Arbeit zukommen können. Aufgrund der beschriebenen Entwicklungen dürfte es hier zu einem nennenswerten Anstieg gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen kommen.

Schließlich kommt von hier aus auch noch ein Plädoyer für das lebenslange Lernen an den Polizeihochschulen des Bundes und der Länder:

Es geht nicht nur um AuF-Lehrgänge und Maßnahmen im Rahmen von behördlichen Weiterbildungen. Vielmehr müssen die Polizist:innen, wenn sie in diesem Phänomenbereich sind, immer up to date sein können.

Das Wissen und das Know-How befindet sich an den Hochschulen. Die Forschung auf diesem Gebiet könnte hier vertieft und erweitert werden – wenn die Mittel von den Ländern hierfür zur Verfügung gestellt werden.

Schließlich haben sich die meisten Länder auf das Modell eines Bachelorstudienganges als Eingangsvoraussetzung für den gehobenen Polizeivollzugsdienst eingelassen. Das bedeutet aber, die Idee des Bologna-Prozesses zu Ende gedacht, dass die Absolvent:innen und ihre Hochschulen einander ein Leben lang begleiten. Alumni-Vereinigungen und andere Vernetzungsmöglichkeiten sind das Eine – eine Verständigung zwischen den Polizeibehörden und den Hochschulen in Bezug auf Forschung und Weiterbildung nach dem erfolgreichen Studienabschluss sind das andere. Ein Innovationsschub in diese Richtung würde auch in diesem Bereich gut tun können.

Veröffentlicht von Roland Hoheisel-Gruler

Volljurist// Mediator // Dipl. Forstwirt (univ.)//Hochschullehrer

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