Warum Mediation?

Warum Mediation? Diese Frage stellt der heutige Netzfund, um gleich eine Antwort darauf zu geben:

Quelle: Why Mediation? A Healthier Way of Resolving Conflict | Mercier Services Mediation

Es handele sich um einen gesünderen Weg zur Lösung eines Konflikts.

Photo by Liza Summer on Pexels.com

Was ist damit gemeint?

Das kleine Wörtchen „healthier“ lässt erst einmal aufhorchen. Wieso denn gesünder? Gesünder im Sinne von „angenehmer“ oder „besser“? Dann hätte der Autor aber „better way of…“ gewählt. Dieses Wörtchen spielt also vermutlich bewusst auch auf die gesundheitliche Disposition der Beteiligten im Konfliktlösungsprozess an.

Dahinter stehen die Fragen: Was macht ein Konflikt mit mir? Wie reagiere ich persönlich darauf? Belastet mich dieser Konflikt psychisch – und wenn ja, wie sehr?

Diese höchstpersönlichen Auswirkungen einer Konfliktsituation müssen bei der Lösung von Konflikten mitgedacht und mitbedacht werden. Eine Klärung nur auf der Sachebene negiert diese Auswirkungen, die je nach Konfliktgrad durchaus auch körperliche Folgen zeitigen können. Es ist durchaus mehr, als dass nur ein Ärgernis aus der Welt geschafft werden muss – es geht um die körperliche und seelische Gesundheit aller Beteiligten.

Das lässt sich an Trennungs- und Scheidungskonflikten sehr leicht sehen: Hier sind wegen der vorangegangenen Nähe der Konfliktparteien die Wunden und Verwundbarkeiten besonders tief liegend. Dabei kommt es nicht nur darauf an, was der/die jeweils Andere in dieser Lage macht, sondern auch, wie es aufgenommen und verarbeitet wird.

Ähnlich sieht es mit Konflikten am Arbeitsplatz aus, die eben nicht dort gelassen werden können, sondern die sich ihren Weg auch ins Privatleben suchen und dort weiterfressen können.

Letztlich sogar der Nachbarschaftsstreit – und wenn es nur um eine Hecke gehen könnte.

Auch im Wirtschaftsleben ist man davor nicht gefeit: Selbst die Auswirkungen von Konflikten mit Lieferant:innen und Kund:innen haben Auswirkungen auf die – für sich genommen – gefühlslosen Wirtschaftszahlen. Deren Interpretation aber wirkt auf die verantwortlichen Menschen zurück. Selbst beim geschäftlichen Kontakt kommt es zudem auch darauf an, ob die Chemie zwischen den beteiligten Menschen stimmt oder gestört ist.

Beispiele gibt es daher viele.

Konflikte können – und das auf allen Ebenen – gesundheitsschädlich sein. Konfliktlösung ist daher auch ein Weg zur Gesundheitsförderung. Im Wege des Zivilisationsprozesses haben Rechtsfindung und Rechtsetzung deswegen eine wichtige Rolle auch bei der Bewältigung solcher Fragen gespielt gehabt. Wenn durch eine anerkannte Instanz Recht gesprochen wird, Unrecht aus der Welt geschafft, ein Richterspruch klare Linien zieht, dann schwindet auch die Last auf der Seele der im Streit verfangenen Parteien.

Das Verfahren, bis es so weit ist, wird aber auch selbst als belastend empfunden. Lange Verfahrensdauern und Ungewissheiten nagen hier ebenso – wie das Gefühl, nun nicht mehr Herr:in des eigenen Konflikts zu sein, sondern einer – wenn auch anerkannten – Macht ausgeliefert zu sein.

An diesem Punkt nun wird Mediation ein „healthier way to conflict-resolution“: Die Mediant:innen sind ein aktiver Part im Verfahren, sie bestimmen die Verfahrensregeln mit und können sich sicher sein, hier auch gehört zu werden. Gerade die kommunikative Art der Konfliktklärung und Konfliktlösung setzt darauf, dass Verständigung erzielt wird: Kommunikation auf allen verfügbaren Ebenen auch tatsächlich stattfinden kann. Durch die Herausarbeitung der Bedürfnisse, die hinter einer Position stehen, wird der Konflikt letztlich auch der Sachebene enthoben und ganzheitlich betrachtet.

Daraus folgt nun, dass Mediation keine Schönwetter-Veranstaltung ist. Hier ist auch Platz für Emotionen und Gefühlsausbrüche. Die Kunst besteht nun darin, auch diese nicht nur zuzulassen, sondern nutzbar in den Konfliktlösungsprozess einzubauen, die Befindlichkeiten und die psychische Disposition zur Lösung mit heranzuziehen.

Damit dieses gelingt, dafür braucht es Vertrauen: Die Hürde, sich gegenüber einer Partei, mit der man im Konflikt liegt, sich so tief zu äußern, ist hoch. Den Boden zu bereiten, damit dieser für ein solches Vertrauen auch fruchtbar gemacht ist, das ist die Aufgabe, der sich der Mediator immer wieder aufs Neue stellen muss.

Wenn das gelingt, dann ist Mediation wirklich ein healthier way.

Dass es darüber hinaus noch viele andere gute Gründe gibt, warum Mediation eine gute Alternative bei der Konfliktlösung gibt – darüber schreibe ich an anderer Stelle weiter.

Veröffentlicht von Roland Hoheisel-Gruler

Volljurist// Mediator // Dipl. Forstwirt (univ.)//Hochschullehrer

%d Bloggern gefällt das: