Wann taugt Mediation nicht für einen Trennungs- oder Scheidungskonflikt?

Dieser Frage wird auf der hier zitierten Seite nachgegangen:

Quelle: 5 Signs Mediation Won’t Work for Your Divorce, According to a Mediation Expert

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Dr. Jann Blackstone benennt hier fünf Punkte, die sie als „red flags“ kennzeichnet, bei denen eine Mediation nicht sinnvoll erscheint.

Sie nennt zuvorderst die wechselseitigen Animositäten, die so groß sind, dass eine Kommunikation überhaupt nicht mehr möglich ist. Das ist dann der Fall, wenn entweder die Konfliktspirale bereits so weit hochgeklettert wurde, dass ein Minimum an Verständnis nicht mehr möglich ist, oder dass das tatsächliche oder vermeintliche aber so erlebte Machtgefälle so groß ist, dass die Herstellung einer gemeinsamen Kommuniktionsbasis alleine daran scheitern muss.

Klar sind auf alle Fälle die Punkte 2 und 3: Wenn Alkohol und Drogen im Spiel sind scheitern mediativ getroffene Vereinbarungen in der Regel an der fehlenden Verlässlichkeit bei deren Umsetzung. Selbt wenn guter Wille im Verfahren unterstellt werden darf: Die Krankheit und ihre Auswirkungen sind fatal, nicht vorhersehbar und nicht beherrschbar. Ohne Therapie ist Enttäuschung vorprogrammiert.

Wenn Gewalt im Spiel ist, ist der Verständigung der Boden entzogen: Körperliche und sexuelle Gewalt entziehen einer meditativen Vorgehensweise die Grundlage für eine gemeinsame Konfliktbearbeitung. Hier steht der Schutz vor weiterer Gewalteinwirkung im Vordergrund. Schwierig wird es bei psychischer Gewalt: Druck auszuüben, um seine eigenen Vorstellungen durchzusetzen, hat im Mediationsprozess nichts verloren. Wenn dieser Druck als Gewalt empfunden wird, bringt solches diesen Prozess zum Erliegen und letztlich zum Scheitern. Dabei kommt es darauf an, wie das Verhalten des Gegenübers empfunden wird, nicht, wie das eigene eingestuft wird. Empfundener Druck kann sich noch mediativ lösen lassen durch die Vereinbarung weiterer Verhaltensregeln in und außerhalb des Verfahrens. Wenn dies in Gewalt umschlägt, ist es allerdings u spät.

Psychische Erkrankungen stehen der freien Willensbetätigung im Wege. Für die Umsetzung von Vereinbarungen gilt das gleiche wie beim Thema Alkohol und Drogen. Dabei soll letzteres nicht mit der psychischen Erkrankung gleichgesetzt werden – aber hier limitiert letztlich die Krankheit die Fähigkeit, eigenverantwortlich und selbstbestimmt sich an vereinbarte Ziele zu halten – und letztlich darf die Erkrankung nicht als Entschuldigung für Zielvereitelungen herhalten müssen.

Punkt vier befasst sich mit dem Thema elterliche Sorge und Umgang – also die kindbezogenen Themenstellungen. Hier kann es durchaus sein, dass dies ein Punkt ist, an dem Mediation scheitern kann. Aus meiner Erfahrung heraus wage ich aber die Behauptung, das oftmals erst durch mediative Zwischenschritte der Weg in die Befähigung zur verantwortungsvollen Elternrolle nach Scheitern der Paarbeziehung gefunden werden kann. Es ist nämlich nicht ohne weiteres sicher, dass diese Stabilität von Anfang an klar ist. Auch bedarf es einiger Gesprächsrunden, um kindbezogene Bedürfnisse von kindlichen Bedürfnissen ebenso zu trennen, wie die Vorstellung, Kinder als Verhandlugsmasse einzubringen, auszuräumen. Letztlich geht es gerade beim Kindbezug nicht um einen „Deal“ – sondern auch um das sich neu in einer ungewohnten Rolle eines Trennungselternteiles wieder zu finden.

Der letzte Punkt ist wiederum klar: Eine Mediation in Trennungs- und Scheidungsangelegenheiten braucht die Zeit, die sie braucht. Das kann mal schnell gehen, mal braucht die Konfliktklärung Zeit und Ausdauer. Wer meint, mit Mediation eine schnelle und kostengünstige Möglichkeit sicher in Händen zu halten, kann an dieser Stelle enttäuscht werden.

Ein Trostpflaster an dieser Stelle – nach deutschem Recht braucht es das Trennungsjahr, um geschieden werden zu können. Allein das Verfahren zum Versorgungsausgleich im Zwangsverbund nimmt mindestens 6 Monate, wenn nicht noch mehr in Anspruch.

Auch wenn vielleicht der Wunsch groß sein mag, die Trennungs- und Scheidungsfolgen schnell hinter sich zu lassen – angesichts der ohnehin bestehenden langen Verfahrensdauer im gerichtlichen Verfahren kann die Zeit bis dahin gut genutzt werden. Man muss sich nur darüber klar sein.

Ein gut verhandeltes und vor allen Dingen ausgiebig geklärtes Mediationsergebnis ist besser und sicherer als ein schnell ausgemachter Kompromiss, bei dem sich die Fragen im Detail erst im Nachhinein zeigen: Dann aber steht das Negativerlebnis aus der ersten Runde im Raum. Das dürfte dann wenig Begeisterung und Bereitschaft für ein mediatives Nachverhandeln mit sich bringen.

Veröffentlicht von Roland Hoheisel-Gruler

Volljurist// Mediator // Dipl. Forstwirt (univ.)//Hochschullehrer

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