Die Diskussion über die Strafbarkeit des Filmens von Polizeieinsätzen ist nicht zuletzt nach einer Sendung bei panorama im ARD wieder aufgeflammt. Ich habe bereits hier meine grundsätzliche Meinung dazu geäußert. Zuvor schon hatte ich anlässlich eines Vorfalls in Köln mich dieser Problematik angenommen gehabt.

Die Debatte, die sich hieran anschloss, zeigt auf, dass grundsätzlich der verfassungsrechtlichen Dimension ein stärkeres Gewicht beigemessen werden sollte. Ausgehend von der Frage, ob den gefilmten Polizist:innen in diesem Fall ein Recht auf Privatsphäre zugestanden werden muss, das zu schützen der Staat in doppelter Hinsicht verpflichet ist, bedarf einer genaueren Betrachtung. Diese Schutzrichtung ist deswegen in doppelter Hinsicht relevant, weil es einerseits darum geht, das Allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner verfassungsrechtlichen Schutzpflichtendimension zu erfassen. Das bedeutet, dass das Rechtsgut Privatheit vor dem Zugriff Dritter durch den Staat dann geschützt werden müsste, wenn es ein solches in diesen Fällen tatsächlich gibt und dann dieses Rechtsgut nicht in der Gesamtabwägung zurücktreten müsste. Die andere Seite ist die Verpflichtung des Dienstherrn, den Beamt:innen bestmöglichen Schutz vor Beeinträchtigungen angedeihen zu lassen. Dies gilt insbesondere dann, wenn aus der dienstlichen Befassung sich Weiterungen im privaten Umfeld ergeben könnten. Das könnte der Fall sein, wenn Veröffentlichungen aufgrund solcher Videoaufzeichnungn zu einer Identifizierung und der Verknüpfung weiterer personenenbezogener Daten führen könnten – bis hin zu einer Gefährdungslage für die betroffenen Beamt:innen.
Einen anderen Blickwinkel bringt nun aus den Vereinigten Staaten zu diesem Thema die dortige Debatte um eine geplante Gesetzesänderung:
In Florida soll das Filmen von Polizist:innen im Dienst ausdrücklich unter Strafe gestellt werden.
In der sich anschließenden Debatte wurde auf eine Entscheidung des United States Court of Appeals, Eleventh Circuit aus dem Jahre 2000 verwiesen. In diesem Verfahren Smith v. City of Cumming, 212 F.3d 1332 (11th Cir. 2000) erkannte das Gericht, dass das Filmen von Polizeieinsätzen vom ersten Verfassungszusatz der Verfassung der Vereinigten Staaten gedeckt sei:
As to the First Amendment claim under Section 1983, we agree with the Smiths that they had a First Amendment right, subject to reasonable time, manner and place restrictions, to photograph or videotape police conduct. The First Amendment protects the right to gather information about what public officials do on public property, and specifically, a right to record matters of public interest.
Smith v. City of Cumming, 212 F.3d 1332 (11th Cir. 2000)
Lesenswert in diesem Zusammenhang ist auch die Besprechung von Joe Larsen Sedgwick LLP unter dem Titel: Smile – I’m Recording You: The First Amendment and Right (or not) to Record
Interessant ist hierbei, dass das Appellationsgericht diesen 1. Zusatzartikel für wesentlich erachtet hatte, befasst dieser sich doch mit dem Verbot, Gesetze zu erlassen, die die Redefreiheit, die Religionsfreiheit, die Pressefreiheit, die Versammlungsfreiheit oder das Petitionsrecht einschränken. Über den 14. Zusatzartikel gilt dieser 1. Zusatzartikel in den einzelnen Bundesstaaten.
Die hier in Rede stehende Bedeutung kommt der Meinungs- und Inormationsfreiheit, wie wir sie in Artikel 5 GG kennen, nahe. Damit hebt sich aber auch die verfassungsrechtliche Debatte auf eine andere Ebene: Es geht nicht nur um das Schutzgut der Privatheit, das letztlich ja Grundlage für eine Strafbarkeit nach § 201 StGB herhält, sondern es geht auch und im Wesentlichen darum, ob die Strafandrohung für ein solches Verhalten, nämlich das Filmen eines Polizeieinsatzes, sei es zur Beweissicherung in einem sich anschließenden Verfahren oder zur Verbreitung in SocialMedia-Kanälen, eine zulässige Beschränkung des Grundrechts aus Art. 5 GG darstellen könnte.
Neben der im letzten Beitrag angesprochenen Frage, wie eine verfassungsrechtliche Differenzierung bei der Art, wie die Polizeien handeln – mit oder ohne Eingriffscharakter – sich auf die grundrechtliche Schutzbedürftigkeit einer eigenständigen Privatsphäre staatlich handelnder Organe – nämlich der Beamt:innen – auswirken könnte, findet sich also eine weitere Ebene, nämlich wie die Meinungsfreiheit in der digitalen Welt ausgestaltet sein kann.
Es bleibt spannend.
2 Kommentare zu „Strafbarkeit des Filmens von Polizeieinsätzen? Ein Blick in die USA“
Kommentare sind geschlossen.