Die Digitalisierung der Alltagswelt schafft auch neue Probleme in Trennungs- und Scheidungskonflikten. Die zunehmende Verlagerung sozialer Interaktionen ins Netz, nicht zuletzt auch durch die Corona-Krise befeuert, kann zu Verwerfungen führen, wenn es darum geht, ob, wie oder wer bislang gemeinsam genutzte Accounts weiter betreiben oder benutzen darf.

Dabei ist es nicht so sehr entscheidend, ob oder wie in Zukunft dort gepostet werden wird: Schließlich, so könnte man meinen, ist es ja jeder/jedem freigestellt, ein neues Benutzerkonto zu eröffnen.
Tatsächlich ist aber die soziale Interaktion in sozialen Netzwerken eine vielschichtige Angelegenheit: Es gibt Followerschaften und Verteilerlisten, digitale Kontakte, die gepflegt sein wollen und vieles mehr. Bei einer Neuanlage eines Accounts stünden die Nutzer:innen aber vor einem digitalen Nichts. Ein Aufruf auf dem bisherigen Account, jetzt einem neuen zu folgen, kann – aber muss nicht gelesen und befolgt werden. Weiter kommt hinzu, dass die Gruppenzugehörigkeiten insgesamt von besonderer Bedeutung sind. Im Ergebnis kann es also vielerlei Gründe geben, warum auch dies ausgiebig thematisiert werden und auch darüber gestritten werden kann.
Wenn die Problematik rechtlich eingeordet werden soll, erkennen wir zunächst historisch betrachtet eine inhaltliche Linie – auf der sich die Entwicklung des Zusammenlebens in Paaren und Ehen ein Stück ablesen lassen kann. Am Anfang stand der Streit um die gemeinsamen Kinder: elterliche Sorge, dann nach der Kindschaftsrechtsreform das Umgangsrecht. Bei kinderlosen Paaren (nicht nur dort, aber wohl verstärkt) ersetzte dann der Streit ums Kind der Kampf um das gemeinsame Haustier. Die Hin- und Zuwendung zu Dritten, insbesondere, wenn die bisherige Hauptbezugsperson infolge Trennung und Scheidung wegfällt, ist also ein Reflex darauf, dass der Mensch nicht gerne alleine sei. Diese Dritten waren eben zunächst die Kinder und dann die Tiere.
Durch die Digitalisierung des Privaten in SocialMedia-Kanälen hat dies nun eine weitere Dimension gefunden – die Hinwendung an eine digitale Followerschaft und der Austausch mit entsprechend gleichgesinnten Menschen dort.
Während sich für den Streit ums Kind die Regeln aus dem BGB zu Sorge und Umgang heranziehen lassen und das Kindeswohl der entscheidende Faktor ist, regelt beim Tier dies zunächst die sachenrechtliche Zuordnung nach dem Eigentum. Soweit dies unklar sein sollte, finden die Regeln über die Zuweisung von Haushaltsgegenständen Anwendung, wobei dann auch auf Tierwohlgesichtspunkte abgestellt werden muss.
Bei den digitalen Identitäten ist es nicht so einfach: Da gibt es zunächst ja die Rechtsbeziehung zwischen den hier streitenden Menschen und den Plattformbetreibern. Daneben aber eben auch eine Abrede im Innenverhältnis. Diese kann vielleicht nach den Grundzügen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage behandelt werden. Vieles ist aber nach wie vor offen.
An dieser Stelle ist nun der Moment gekommen, in dem auf die Vorzüge der Mediation verwiesen werden kann und soll: streitig lässt sich hier nur der Rechtszustand regeln und abschließend behandeln. Ob dies aber auch interessengerecht ist, ist eine andere Frage. Je nach Plattform geht es um Darstellungen im Profil, um hochgeladene Mediendateien, Bilder, Videos, Kommentare. Dürfen die stehen bleiben, muss was gelöscht werden? Wie ist das mit den Bildern aus gemeinsamen Unternehmungen? Können Möglichkeiten oder Verpflichtungen zum Löschen oder zum Neu- und Wiedereinstellen gesucht und gefunden werden? Weil dies vielschichtige Fragen sind, können diese in der Mediation auch deswegen besser behandelt werden, weil man sich hierbei nicht auf unsicheres rechtliches Terrain begeben müsste – sondern, weil die Interessenlage beider Beteiligten hier am Besten behandelt werden kann. Wie dann die Lösung im Einzelfall aussieht, ist eben dann den Beteiligten selbst überlassen. Sie orientieren sich an ihrer höchstpersönlichen und individuellen Bedürfnislage und nicht daran, was vielleicht irgend ein Amtsgericht irgendwo zu dieser Thematik hat verlauten lassen, egal ob es nun im eigenen Konflikt passt oder nicht.