Der heutige Netzfund zur Mediation befasst sich mit einer grundlegenden Frage: Was ist Mediation im Trennungs- und Scheidungskonflikt eigentlich?
Man muss es sich tatsächlich immer wieder vor Augen führen, dass Menschen, die von Trennung und Scheidung betroffen sind, mit dem Begriff und den Inhalten von „Mediation“ gar nicht so viel anfangen können. Selbst, wenn die Betroffenen schon einmal davon gehört haben sollten, ist es doch schwierig, sich selbst im Fall der Fälle in ein solches Verfahren einzuordnen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Weg zur/zum (Fach-)Anwältin/Anwalt schon frühzeitig angezeigt scheint und den im Familienrecht bewanderten Profis das weitere Vorgehen anvertraut werden kann.

Es lohnt daher immer wieder, den Blick auf diese grundsätzlichen Fragen zu richten:
Mediation: Was ist das überhaupt? – und: ist das auch was für mich?
Über die gängigen Beschreibungen hinaus ist der entscheidende Unterschied zwischen Mediation in Familiensachen und einer Verfolgung der Rechtsposition – auch gegebenenfalls unter Zuhilfenahme des Familiengerichts – der, dass in der Mediation die materielle Rechtslage nur eine untergeordnete Rolle spielt. Selbst, wenn die Themen ähnlich besetzt sein sollten, ist die Herangehensweise eine andre.
Nehmen wir das Beispiel „Unterhalt“: Unser Familienrecht differenziert zwischen Trennungs- und nachehelichem Unterhalt sowie Kindesunterhalt. Das BGB hält hier Anspruchsgrundlagen vor. Bei deren Vorliegen gibt es einen Anspruch zunächst dem Grunde nach. Über die Höhe, insbesondere über die Berechnung, schweigt sich das Gesetz erst einmal aus: Zur Erzielung adäquater Ergebnisse werden dann Berechnungsmodelle, die von den Oberlandesgerichten, beziehungsweise deren Familiensenate, entwickelt und fortgeschrieben werden, herangezogen und gegebenenfalls durch eine Einzelfallprüfung angepasst.
In der Mediation geht es um die dahinter liegende Thematik: Das Unterhaltsrecht steht ja in dem Kontext, dass Menschen für den Lebensunterhalt anderer Menschen deswegen (mit-) aufkommen sollen oder müssen, weil sie eine besondere familiäre Verbundenheit aufweisen: Eltern gegenüber Abkömmlingen nach §§ 1601ff. BGB, getrennt lebende Ehegatten deswegen, weil die eheliche Solidarität auch eine Trennung überdauert, nach § 1361 BGB oder eben aus Anknüpfungspunkten aus der vorhergehenden Ehe bei §§ 1569ff. BGB. In der Mediation wird aber danach gefragt, wie die Bedürfnislagen im Hinblick auf die Deckung von Lebensunterhalt konkret aussehen, sowohl, was die Bedarfs- und Bedürftigkeitsseite betrifft, wie auch die Frage der Leistungsfähigkeit. Dabei wird aber nicht auf den Gesetzeswortlaut geschaut, sondern darauf, ob und was hier tatsächlich mach- und verhandelbar erscheint.
Dabei ist auch das Ergebnis der Mediation an die rechtlichen Rahmenbedingungen gebunden. Dies betrifft insbesondere Fragen nach Verzicht auf Unterhalt o.ä. Letzen Endes ist das aber eine Frage der rechtlichen Ausgestaltung des Ergebnisses, nicht des Weges dort hin.
Ähnliches ist für die weiteren – sonst möglichen Folgesachen – zu sagen: Sei es Vermögensauseinandersetzung, Nutzung von Haus und Hof, Verteilung von Lasten usw. Gerade im vermögensrechtlichen Bereich zeigt die Mediation hier ihre Stärke: Während das Familienrecht beim Zugewinnausgleich lediglich eine dann errechnete Zahl auswirft – ohne zu fragen, ob und wie beispielsweise gemeinsames Eigentum in Zukunft genutzt werden kann oder soll oder darf, findet sich über den bedarfs- und lösungsorientierten Weg meist ein passendes, auf die Bedürfnisse der Beteiligten zugeschnittenes Ergebnis.
Für wen ist Mediation geeignet?
Die einfache Antwort lautet: Für alle. Das ist aber, wenn man die Sache ehrlich angeht, zu billig. Es gibt Trennungs- und Scheidungssituationen, bei denen eine Mediation vergeblich ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn es beim Trennungskonflikt bereits zu so starken Verwerfungen gekommen ist, dass nicht ein Hauch von wechselseitigem Vertrauen (in das gemeinsame Ziel, ein faires Ergebnis gemeinsam zu erarbeiten) mehr vorhanden ist. Auch, wenn der Trennungskonflikt von Hass und Rachegefühlen überwölbt ist, kann einem solchen Verfahren kein Erfolg beschieden sein.
Dann muss auch beachtet werden, dass Mediation nicht per se ein gewaltfreies Verfahren ist: Es kann hier hart zur Sache gehen und auch die Mediation kann emotional schwer belastend sein. Gewaltfreiheit ist eben mehr als nur die Abwesenheit körperlicher Übergriffigkeit. Es kann aber durchaus angezeigt sein, dass emotional schwierige Sachverhalte aufgearbeitet werden müssen, um bei der Konfliktklärung auch erfolgreich sein zu können. Darauf müssen die Beteiligten vorbereitet und gefasst sein. Mediation ist auch keine Paartherapie – im Zentrum steht nicht eine wie auch immer geartete Versöhnung, sondern eine zukunftsgewandte Lösung eines Trennungskonflikts, mithin also der Teilkonflikte als Teil des Ganzen.
Schließlich scheidet Mediation bei sämtlichen Trennungen aus, bei denen es bereits zu körperlicher Gewalt gekommen ist oder die Androhung solcher bereits zum Mittel der Auseinandersetzung geworden war.
Und was kostet das?
Das kommt darauf an – um eine beliebte Jurist:innen-Antwort zu geben: Mediation wird in der Regel nach Stunden abgerechnet, wobei der Stundensatz im Voraus vereinbart wird. Der Vorteil ist, man behält als Mediant:in die volle Kostenkontrolle. Allerdings kann sich nicht vorhersagen lassen, wie viele Stunden tatsächlich anzusetzen sind: Vielleicht ist eine Sitzung mehr der Gesamtlösung dienlicher, vielleicht löst sich der Knoten an anderer Stelle schneller, als gedacht.
Und was ist, wenn es schief geht?
Die Mediation ist eine freiwillige Angelegenheit. Jede:r kann zu jeder Zeit aus dem Verfahren aussteigen. Man ist zu nichts verpflichtet. Das Ziel ist die gemeinsame Erarbeitung einer Vereinbarung, die die Folgen von Trennung und Scheidung regelt und gegebenenfalls Verfahren für Evaluation, Anpassung usw. vorsieht. Wenn eine Partei nun aus dem Prozess aussteigen sollte, dann ist das bis dahin augewandte Geld verloren. Das ist relativ einfach. Wichtig ist aber auch, dass alles, was in den Verhandlungen besprochen wurde, nicht einfach so in ein gerichtliches Verfahren überführt werden kann. Dort geht es dann streng nach den Beweislastregeln, wie sie das FamFG letztlich vorsieht. Mediator:innen können nicht als Zeug:innen benannt werden.
Und nun?
Mediation ist ein Verfahren, das für die allermeisten Trennungs- und Scheidungskonflikte hervorragend geeignet ist, um passgenaue Lösungen in diesem konkreten Einzelfall zu erarbeiten. Idealerweise finden die gefundenen Ergebnisse Eingang in eine Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung, die dann – notariell beurkundet – dazu führt, dass gerichtlich nur noch die Ehesache (ggf. mit dem Versorgungsausgleich) durchgeführt werden muss.