Wie einvernehmlich geht Trennung oder Scheidung?

Kann eine Trennung oder Scheidung wirklich einvernehmlich erfolgen?

trennung und scheidung

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Quelle: Can divorce ever really be amicable

Tatsächlich scheint es ein Widerspruch in sich zu sein: Trennung und Scheidung bedeutet ja, dass bisher gemeinsame oder gemeinsam verstandene Interessen jetzt getrennter Wege gehen. Es ist eben gerade nicht das Spiegelbild des Zusammenziehens – und es ist auch in der Regel nicht so einfach zu bewerkstelligen.

Einvernehmliche Scheidung – das im Originaltext hier verwendete Wort amicable trägt ja den lateinischen Wortstamm des amicus – also des Freundes in sich. Und da scheint doch die Begrifflichkeit etwas arg weit hergeholt.

Tatsächlich verwendet ja auch das deutsche Familienrecht den Begriff der einvernehmlichen Scheidung – in Unterscheidung zum streitigen Verfahren. Einvernehmlich bedeutet hier nur, dass die Eheleute sich außerhalb des Scheidungsverfahrens über die Scheidungsfolgesachen alle schon geeinigt haben und deswegen auch mit einem zügigen Verfahren zu rechnen ist. Das hat damit zu tun, dass eben das Gericht nicht von sich aus alles und jedes in einer Scheidung verhandeln will und auch nicht tut – (Ein Irrtum, dem viele, die erstmalig in ihrem Leben mit so einem Verfahren konfrontiert werden, aufsitzen) – sondern eben nur die Ehesache (jetzt verheiratet – am Ende des Verfahrens: nicht mehr verheiratet) und die Folgesache Versorgungsausgleich. Wenn es also um den Unterhalt gehen sollte, die Möbel, die Kinder, den Hund, das Auto, das gemeinsame Sparbuch, die Aktienpakete, die Kapitallebensversicherungen, die Immobilien, die Schulden, die Wohnung, und und und und und….. dann müsste für jeden Streitpunkt eine Folgesache anhängig gemacht werden. Das ist in etwa so, wie bei einer Spielzeug-Eisenbahn. Je mehr Waggons (= Folgesachen) dran hängen – desto schwerfälliger wird das Ganze. Hinzu kommt, dass für die Anträge dann auch in der Regel Anwaltszwang besteht, während für ein einvernehmliches Verfahren nur der/die Antragsteller:in anwaltlich vertreten sein muss.

Einvernehmlich bedeutet also die Möglichkeit, bei Gericht nur auf einer Seite anwaltlich aufzutreten (und damit die Kosten sich teilen zu können) – und eben dem Gericht zu signalisieren, es könnte ein schnelles Verfahren geben.

Damit dies geht, muss eben ein Einvernehmen über die streitigen Punkte erzielt werden. Wenn nicht vor Gericht dies durch den/die Richter:in entschieden werden soll (oder von dort ein Vergleichsvorschlag kommt, der dann zum Einvernehmen führt) – dann haben die Eheleute die Chance und Möglichkeit, alle Fragen, die sie betreffen, im Rahmen einer Mediation selbst einer Klärung zuzuführen.

Das geht nur dann, wenn tatsächlich etwas vom Geiste amicable in der Mediation herrscht: Es muss ein gemeinsamer Wille dafür vorhanden sein, alle Fragen tatsächlich lösen zu wollen und ein für beide Beteiligte gutes Ergebnis zu erarbeiten. Wenn es darum geht, nur eigene Positionen durchzuboxen und dies auf einem soften Weg zu erreichen, dann ist Mediation Verschwendung von Zeit und Geld. Amicable heißt eben auch: Anstrengung, Selbstverantwortung und Zuhören, Verständnis für die Interessen der anderen Seite aufzubringen. Das Ergebnis ist dann eine passende Lösung, die genau die Punkte regelt, die die in Rede stehende Beziehung in rechtlicher Hinsicht zu lösen in der Lage ist und beide Beteiligten in eine Position versetzt, den gemeinsamen Lebensweg abzuschließen, für sich selbst in die Zukunft zu schauen und das noch Verbindende zu achten und wertzuschätzen, mit klaren Optionen und Handlungsmöglichkeiten.

So geht Trennung und Scheidung wirklich einvernehmlich – dann ist auch der gerichtliche Akt der staatliche und vom Gesetz vorgesehene Schlusspunkt, quasi das I-Tüpfelchen auf dem bereits durch die Mediation erfolgreich abgeschlossenen Weg.

Veröffentlicht von Roland Hoheisel-Gruler

Volljurist// Mediator // Dipl. Forstwirt (univ.)//Hochschullehrer

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